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Gefallene Engel
Ich suchte eine Seele, die mir ähnlich wäre und konnte sie nicht finden. Ich durchsuchte die verborgensten Winkel der Erde; meine Ausdauer war vergeblich. Allein konnte ich nicht bleiben. Ich brauchte jemanden, der ebenso dachte wie ich.
Dame der Schweigsamkeiten
Still und bedrängt,
wund und sehr heil,
Rose des Gedenkens,
Rose des Vergessens,
erschöpft und lebensspendend,
verstört und ruhevoll
Es war am Morgen; die Sonne erhob sich in ihrer ganzen Herrlichkeit am Horizont, da erhob sich auch vor meinen Augen ein Jüngling, unter dessen Schritten Blumen hervorsprossen. Er kam auf mich zu und reichte mir die Hand: „Ich bin zu Dir gekommen, da du mich suchst. Segnen wir diesen glücklichen Tag.“ Ich aber: „Geh fort; ich habe dich nicht gerufen; ich brauche deine Freundschaft nicht…“
Dame drei weiße Leoparden, unter dem Wacholderbaum gesessen,
In der Kühle des Tags, hatten sich satt gefressen.
An meinen Gliedern, meinem Herzen, meiner Leber und dem, das eh
Beschlossen lag in hohler Wölbung meines Haupts.
Es war am Abend; die Nacht begann, die Dunkelheit ihres Schleiers über die Natur auszubreiten. Eine schöne Frau, die ich nur undeutlich wahrnahm, breitete auch über mich ihren Zauberbann aus und sah mich teilnahmsvoll an; jedoch wagte sie nicht, mich anzusprechen. Ich sagte: „Tritt näher, damit ich die Züge deines Antlitzes deutlich erkenne;
denn das Licht der Sterne ist nicht stark genug, um sie aus solcher Entfernung zu erhellen.“
Wegen der Gutheit dieser Dame
Und wegen ihrer Lieblichkeit und wegen
Der Andacht, die sie der Jungfrau weiht,
Schimmern wir in Lichtheit. Und ich, der hier verholen liegt,
Weih meine Taten der Vergessenheit und meine Liebe
Dem Nachgeschlecht der Wüstenei, Aussaat der Kürbisfrucht.
Jetzt bewunderst du meine Schönheit, die manch eine verwirrt hat; aber früher oder später wirst du bereuen, mir deine Liebe geweiht zu haben; denn du kennst meine Seele nicht .
Die Dame hat sich entfernt
In einem lichten Kleid, zur Versenkung, in einem lichten Kleid.
Laß die Lichtheit des Gebeins der Vergessenheit genug tun.
Es ist in ihm kein Leben.
Nicht, dass ich dir je untreu würde: der Frau , die sich mir so vertrauensvoll hingibt, gebe ich mich ebenso vertrauensvoll hin; aber merke dir dies, um nie zu vergessen: Wölfe und Lämmer betrachten einander nicht mit sanften Augen.
Und Gott sprach Weissage in den Wind, nur in den Wind, denn nur
Der Wind wird lauschen.
Was aber brauchte ich dann, ich, der ich mit so heftigen Ekel von mir stieß, was die Menschheit Schönstes besaß!
Die Rose
Ist nun Garten,
Da alle Liebschaft endet,
Da kam sie bescheidenen Schrittes und die Augen gesenkt über das Gras des Rasens auf mich zu.
Wie ich vergessen bin
Und vergessen sein möchte, so möchte ich vergessen,
So zernichtet, so verdichtet in den Vorsatz.
Sobald ich sie sah. „Ich sehe, daß Güte und Gerechtigkeit in deinem Herzen
Ihren Wohnsitz haben: wir können nicht zusammen leben.“
Unterm Wacholderbaum sangen Gebeine, verstreut und schimmernd:
Wir sind froh, verstreut zu sein, wir taten einander wenig Gutes,
Unterm Baum in der Kühle des Tags, mit dem Segen des Sands,
Vergessen uns selbst und einander, vereint
Im Schweigen der Wüste.
– Zusammenstellung aus T.S. Elliot „Das wüste Land“ und Lautreamont „Die Gesänge des Maldoror“
Vielleicht morgen
Vielleicht morgen
Ich lausche
Nichts
Glaubte ein leises Lächeln zu vernehmen
Vielleicht morgen
Meine Fingerkuppen suchen
Nichts
Glaubte eine warme Hand streifte meine Wangen
Vielleicht morgen
Auf meiner Zunge
Nichts
Glaubte eine Träne hätte sich verirrt
Vielleicht morgen
Deine Schritte im ersten Stock
Die Tür fällt schwer ins Schloß
Heimweh – kill your habits
Es ist kalt nass ungemütlich einfach scheiße. Eben Winter in Berlin. Nasti läuft den Kopf eingezogen ihren üblichen Weg durch die gewohnten Gassen. Sie summt vor sich hin obwohl sie mehr als schlechte Laune hat. Krampfhaft versucht sie den Blick gesengt zu halten denn jetzt nähert sie sich dem heikelsten Stück ihres Weges. Ausgerechnet jetzt kommt ein Auto und zwingt sie von der Strasse auf den Gehweg zu wechseln. – Schon ist es passiert. – Ihr Blick fällt unweigerlich auf den von ihr geliebten Schriftzug „Whisky and cigarres“.
Nie hätte sie gedacht das es ihr so schwer fallen würde. Sie verzögert ihren Schritt und drückt sich am Fenster vorbei. Doch wie sollte es auch anders sei natürlich wird sie sofort gesehen.
Ein zaghaftes fast verschämtes Winken und sie schleicht weiter. Was für ein Blödsinn entweder muss sie ab jetzt ihre Route ändern oder sie muss eine kurze Erklärung geben schließlich war sie Stammkundin. Wie sehr man doch an seinen Ritualen hängt. – Kill your habits. – Sie dreht um und betritt den Laden. – Zum letzten mal.
Nasti: Hallo eigentlich wollte ich mich vorbeidrücken.
Verk.: Verelässt du unsere Gemeinde.
Nasti: Zumindest versuch ich’s.
Verk.: Na wir haben ja noch Whisky im Angebot.
Nasti: Wäre vielleicht auch eine Lösung.
Verk.: Für den richtige Entzug solltest du dirs ein bischen leichter machen. Von mir bekommst du 2 Zigarren geschenkt die anderen 2 sollte es dir wert sein. Für diese dicken Dinger brauchst du mindesten eine dreiviertel Stunde wenn dir nicht vorher schlecht wird.
Nastis Handy klingelt.
Nasti: Ja.
Alexa: Sorin ist weg.
Nasti: Wo soll er denn sein?
Alexa: Blöder kann man ja wohl nicht fragen.
Nasti: Entschuldige aber ich bin gerade auf Entzug.
Alexa: Nasti ich muss ihn suchen er hatte Heimweh.
Nasti: Kill your habits.
Alexa: Könnten wir nicht eine kleine Reise machen?
Nasti: Schatz du hast ganz vergessen das ich noch nicht mal die Miete zahlen kann.
Alex: Sei doch nicht immer so kompliziert.
Nasti: Verdammt. Verdammt. Verdammt. Ich komme jetzt erst mal.
Nasti steckt ihr Handy ein und bezahlt die zwei Zigarren.
Sorin. Es war von Anfang an klar das Sorin das Leben nicht vereinfachen würde. Aber er war nun mal in ihr Leben getreten und somit hatte er das Gehirn und zu gewissen Teilen das Gemüt besetzt. Alexa hatte sich sofort in ihn verliebt. Nasti hatte ja zum Glück ihre so herrlich gewohnt unkomplizierte Fernbeziehung mit Roman.
Just in time II
Jacob wie jeden Tag.
Sitzt in seinem BMW – scheucht die anderen Autos vor sich durch die befahrenen Straßen der Großstadt.
Der unvermeidliche Knopf im Ohr überträgt ohne Unterlass Informationen in sein Hirn, die ihn bisweilen zu unkontrollierten Ausbrüchen hinreißen.
Wie immer zu spät…
Sein Termin muss noch warten – Parkplatz – Engpass.
Was soll´s – Jacob überlässt seinen Wagen dem Schicksal: Halteverbot.
Jacob verschwindet in einem der überdimensionalen Glashäuser.
Durch die ab und zu geöffnete Tür des Büros dringen Wortfetzen einer geschäftlichen Debatte – Termingeschäfte…
Jacob stürzt aus dem Büro, überrennt beinahe seine Sekretärin mit dem frisch gebrühten Kaffee.
Er nimmt den Aufzug – schaltet sofort wieder sein Handy ein: Mailbox / wichtige und dringende Nachrichten und:
„Wir haben nicht mehr viel Zeit, uns zu sehen.“
Jacob auf der Straße…
Sieht noch in der Autoschlange seinen BMW am Abschlepphaken.
Wie besessen reißt er den Knopf aus dem Ohr und läuft zum nächsten Taxi – Flughafen…
In aller Ruhe verstaut Jacob sein Handy in der Tasche des Vordersitzes im Taxi.
Alles wird von nun an anders sein…
Jacob geht zum Schalter: „Wann geht der nächst Flug nach Thessaloniki?“
„Morgen um 10.30 Uhr!“
„Das ist zu spät! – Was fliegt jetzt?“
„In einer halben Stunde wäre ein Flug nach Scharm-el-Scheich möglich!“
„Gut!“
Die Formalitäten werden erledigt. Kurz entschlossen kauft Jacob eine etwas zu große Leinenhose und ein T-Shirt und packt seine anderen, edlen Habseligkeiten in die neu erworbene Plastiktasche – sein Gepäck.
Das Flugzeug landet.
Jacob mietet einen Taxi-Fahrer. Es ist heiß. Das Ziel: die offene Wüste – weit und scheinbar unendlich.
Ein kurzer Tankstop und eine gute Möglichkeit, an der Tankstelle noch einen Kaffee zu sich zu nehmen.
Er trifft auf eine junge Dame, eine Österreicherin, die gleichsam sich auf Reisen befindet und ihren Wagen betanken lassen möchte.
Sie sind froh, sich die Zeit zu vertreiben, da weit und breit kein Tankwart zu sehen ist, der sie bedienen könnte. Auch mit dem Kaffee wird es somit nichts…
Ein Beduine zieht Jacob beiseite. Jacob hatte ihn zuvor nicht bemerkt. In fast unverständlichem Englisch macht er deutlich, dass er ihm den besten Kaffee bereiten könnte.
Jacob zahlt den Taxi-Fahrer.
Die Österreicherin wartet weiterhin geduldig auf einen Tankwart und auf einen Kaffee, während Jacob mit dem Beduinen in einem alten Wagen davon fährt, der bei jedem Schlagloch zusammen zu brechen droht.
Jacob denkt sich zunächst, der Beduine führe nur eine kurze Strecke.
Doch dauert die Reise exakt 2 ½ Stunden, eine Reise mitten durch die Wüste.
Auch sind die Wege extrem und anstrengend. Der Motorlärm des alten Wagens macht eine Unterhaltung beschwerlich bis unmöglich.
Dauerhaft läuft eine Kassette mit starken Rhythmen, die jedoch nur einseitig abspielbar ist.
So hören beide entweder Musik oder das Spulen des schon sehr in Mitleidenschaft gezogenen Bandes.
Weit und breit ist niemand zu sehen. Jacob schaut in die Landschaft und in sich selbst –
(Flashback – Begegnungen mit Soulis – Erinnerungen und Fahrt wechseln sich ab)
Nach 2 ½ Stunden.
In der Ferne sieht Jacob ein einsames, schwarzes Beduinen-Zelt.
Der Beduine zeigt Jacob an, dass sie bald ihr Ziel erreicht haben – sein Zelt, bestehend aus zwei Kammern : eine für Gäste, die zweite für seine Familie.
Nach der Ankunft bittet der Beduine Jacob, herumliegendes Holz aufzusammeln, damit er Feuer machen könne.
Mit viel Zeit und Ausdauer entfacht der Beduine ein Feuer, greift dann in einen Leinensack und holt grünen, ungerösteten Kaffee hervor, den er in einem eigenen Rhythmus in einer Pfanne röstet. Das regelmäßige Kreisen der Bohnen ergibt eine eigene Stimmung und Musik.
Der Beduine beendet den Röstvorgang und zerstampft die Bohnen in einem Mörser. Auch hier ergibt sich eine rhythmische Musik: 2x Stampfen 1x Schlagen – an den Rand des Mörsers.
Der Kaffee wird gekocht und auf zwei kleine Tassen verteilt.
Jeder Schluck eine Besonderheit.
Die Unterhaltung wird in einer eigenwilligen englischen Sprache geführt, die häufig in sich versiegt.
Der Beduine lädt zur Rückreise ein – eine Rückreise von weiteren 2 ½ Stunden.
Er räumt sein Zelt auf, säubert die Gegenstände, die Tassen und lächelt…
Auf der Fahrt träumt Jacob von der 3. Begegnung mit Soulis.
Sie fahren zurück zur Tankstelle – keine Österreicherin, kein Tankwart, niemand.
Jacob steigt aus und schaut in die Ferne. Dann blickt er auf den Beduinen, verneigt sich leicht, um nicht die falschen Worte zu wählen.
Der Beduine fährt davon, mit röhrendem Motor, gegen den Wind. Jacob hört ihn noch lange.
Der Fahrer eines Kleintransporters erbarmt sich seiner und nimmt Jacob mit zum Flughafen.
Er ist nun bereit – und fliegt nach Thessaloniki.
Landung / Taxifahrt – es ist schon Nacht und die Stadt lebt, erleuchtete Straßen, schöne, junge Menschen, laute Musik überall.
Jacob geht die letzten Meter zu Fuß. Er steht in der Häusergalerie und schaut in die Höhe – 2. Stock. Er klopft.
Soulis öffnet. „Du bist rechtzeitig mein Freund.“
Sein Wohnatelier mit den alten Mosaikböden oberhalb des lautstarken Stadtlebens – die antike Puppenstube riecht nach Abschied.
Jacob hilft Soulis die schmalen Stiegen hinauf auf die Dachterrasse – bewohnt von Tauben mit Blick auf die Unverblümtheit der Stadt.
Soulis Bett steht auf der Terrasse.
„Ich dachte, dann sehen mich die da oben schneller, als die da unten.“
Jacob setzt sich in einen alten Liegestuhl, Soulis auf sein Bett – beide sitzen und schweigen.
Jacob trinkt – Soulis versucht es ab und zu…
Soulis beginnt zu singen (oder mehr: flüsternd zu krächzen) – Jacob fällt mit ein. Beide lachen.
„Du hast schon immer falsch gesungen, Jacob!“
Jacob schaut auf die Straße herunter und weint…
„Mein Freund lass uns beide nach oben schauen!“
Jacob und Soulis liegen beide auf dem etwas zu schmalen Bett und schauen in den Himmel.
„Hol uns eine Decke.“
Jacob geht hinunter.
Soulis stirbt.
Jacob deckt ihn zu, setzt sich in den Liegestuhl und bewacht seinen Freund. Der Tag bricht an. Es wird nichts mehr so sein wie es war.
Jacob telefoniert: „Nun – ich kann nicht bleiben – ich ziehe einfach die Türe zu – ich werde heute zurückfliegen – bis bald!“
Jacob holt aus seiner Plastiktasche den zerknüllten Anzug, wechselt seine Kleider und verlässt die Wohnung.
Er läuft quer durch die Stadt und nimmt Abschied. Jacob schaut auf die Uhr –
Wenn er den nächsten Flug bekommen möchte, ist es Zeit…
Mit dem Taxi fährt er zum Flughafen checkt ein und sitzt – für ihn sehr plötzlich – im Flugzeug.
Nichts mehr wird sein, wie es war.
Die Stewardess: „Kaffee?“
Jacob blickt auf, schüttelt den Kopf und spürt den unwiederbringlich-bitteren Geschmack eines unwiederbringlichen Moments auf der Zunge…
Der Himmel
Der Himmel
geschwollen unter den Lidern
gezogener Schwur
weißer Streif in der Ferne
ohne Anfang ohne Ende
stehe nackt mit geschlossenen Augen
ein kleiner blauer Punkt
liegt auf der Zunge
schlägt aus
und schießt hinauf zur Stirn
bewegter Mund
ein Lächeln
zwischen hier und dort
Abbilder
Rita
Der harte Gummistöpsel war wie immer tückisch. – Nie wusste man genau, ob er das Wasser hindurch ließ. – So war es besser, den Stand genau zu beobachten um eine ungewollte Durchlässigkeit zu verhindern.
Das laute Einfließen des Wassers, dass von der Resonanz der befliesten Wände noch verstärkt wurde, war wie ein akustischer Coucon, dessen Präsenz das Gehirn ausschaltete.
Gewissenhaft prüfte Rita die Temperatur. – Keinesfalls durfte es zu kalt sein, dann doch lieber leicht verzweifelt den Schmerz des heißen Wassers ertragen bis der Körper selbst sich an diese Situation gewöhnt hatte.
Rita trug heute den türkis geblümten Bikini, der zwar ihre leichte Blässe unterstrich, aber so
wunderbar zu den zartgrünen Fliesen passte.
Jedes mal aufs Neue war der Moment, an dem der Wasserspiegel die Nabelgrenze passierte, eine Offenbarung. – Einzutauchen.
Sie wusste, es war an der Zeit eine Entscheidung zu treffen, doch wie kann man eine solchen
Moment der vollkommen Hingabe durch Konkretion zerstören. Mit geschlossenen Augen ließ sie, durch kaum merkliche Bewegungen, Wellen entstehen, die sich liebevoll an ihrem Hals brachen.
Allmählich schleicht sich die Angst ein. – Die Vorahnung, wie es sein wird, wenn das Wasser sinkt und am Körper die Kälte zurücklässt. Dieses Wissen drückte sich von Mal zu Mal schneller ins Bewusstsein und verkürzte tragisch die Zeit des Genusses.
Das provokante Rülpsen, wenn der letzte Rest im Loch verschwindet und die schrumpelige Haut durch eiskaltes Wasser abgeschreckt wird.
In diesen Momenten ersehnte sich Rita jeweils, ein fürsorglicher Beschützer hielte, aus dem Nichts kommend ein vorgewärmtes leicht raues Badetuch bereit und umhüllte sie, bevor sie in die Realität zurück kam.
Manchmal überlegte sie, wie dieser Ritter aussehen könnte und hoffte insgeheim, durch ein
solches Zeichen eine Möglichkeit für eine mögliche Entscheidung für sich zu entdecken.
Warum war es an ihr zu bestimmen was geschieht, warum konnte das Leben nicht unerwartet eine vergessene Tür öffnen. – Wie man verzweifelt am Automaten an der U- Bahnhaltestelle steht und feststellt, dass man sein Geld zuhause hat liegen lassen. Plötzlich bemerkt man das Loch in der Manteltasche und als man tiefer greift findet man drei Euro die sich im Futter verfangen haben.
Ein kleiner akrobatischer Akt, den Plastikverschluss zum Klicken zu bringen. Auch nach dem Öffnen mag sich das nasse Körbchen kaum vom Busen trennen.
Mit aller Kraft presste Rita das Wasser aus dem Stoff, ein Würgevorgang der sie wieder an ihre eigentliche Wut erinnerte.
Je mehr sie diese Rituale hasste desto mehr wurden sie unvermeidliche Gewohnheit.
Musik. – Er war zurück. Sie war noch nicht bereit.
Mit beiden Armen griff sie in den mit schon trockener Wäsche gefüllten Wäschetrockner.
Die Waschschüssel hatte sie draußen stehen lassen. – Also war die Badewanne die einzige Möglichkeit. Auf dem kurzen Weg von Trommel zur Wanne waren zwei Socken und ein Waschlappen abhanden gekommen. – Langsam ging Rita in die Knie. – Nach einigen Minuten legte sie den türkisfarbenen Bikini in die freigewordene Trommel und konnte erst wieder aufatmen, als das Geräusch des Trockners sie von draußen abschirmte.
Es ist lange her, dass sie es ertrug, Geräusche mit ihm, in einem Raum, zu hören. – Dabei kam es nicht darauf an, ob er, sie oder etwas anderes dieses Geräusch verursachten.
Alleine die Tatsache, gemeinsam wahrnehmen zu müssen, brachte ihr Herz zum Rasen und
ließ sie zu unkontrollierten Wutausbrüchen hinreißen. – Das Absurde war nur, wenn er nicht da war, umgab sie die Stille wie kalter Schweiß.
Tag für Tag suchte sie nach dem Fehler. – Irgendetwas musste sie übersehen haben.
Doch je mehr sie dachte je mehr zersetze sich ihr Wille zu handeln.
Wenn er ihre Hand nahm um sie zurück zu ziehen, spürte sie seine Hilflosigkeit und ihre ungerechte Wut gab ihm keine Chance.
Manchmal war es gerade sein Verständnis, dass die Situation unkontrollierbar werden ließ.
Manchmal seine demonstrative Konkretion seiner Gesten und Handlungen.
Vielleicht war es besser gänzlich ins Badezimmer zu ziehen und erst wenn auch die letzte
Schwingung seiner Bewegungen verklungen sind, nach draußen zu kommen.
Ich liebe ihn. – Doch es ist, als hätte man gerade eine Allergie gegen etwas was man besonders mag und ohne das man sich sein Leben kaum vorstellen kann.
Immer wenn sie entschlossen den Trockner abstellte, war sie sich sicher, dass sie eine Entscheidung getroffen hätte, doch sobald sie die Tür entriegelt und nach draußen trat hatte sie die getroffene Entscheidung vergessen und überlegte während sie ihn umarmte wie sie doch gewesen war. – Aber sie war ihr entfallen.
18 Grad Minus – Teil 1
Belächelt seid ihr
Belächelt seid ihr
Nicht müde eure schon vergebene Unschuld zu beteuern
Neigt die Köpfe
Bis die Zeit das Andlitz hebt
Stolz besteht ihr
Vielleicht bis morgen
Ich bin aufgewacht
Ich bin aufgewacht.
Hörst du.
Es gibt uns nicht mehr
Lass los
Drehe dich erst um wenn meine Schritte verhalt sind
Wie gerne gäbe ich dir ein paar schöne Erinnerungen mit auf den Weg
Doch die Dauer des Schmerzes hat so vieles verschlissen.
Wenn ich dir jetzt sagte ich liebe dich
Du würdest mich falsch verstehen
Gebe dich frei
Zu lange hat das wir beschwert
Es ist Zeit
Noch nicht bereit
Noch nicht bereit
Euch beide zu vereinen
Betrachte ich
Der Zukunfts Zeichen
Im Schutz
Des ungeliebten Bruders
Vermag ich
Dein Gesicht zu sehen
Du kamst im Traum
Und bliebst
Zum einen
Deines Bruders Kraft
Zum andren
Welker Schein
Noch seh ich euch
Und ihr nicht mich
Betrachte meine Ahnung
No Dance

Bambis Schwestern

Fall – Beispiel
Enno sitzt vor seinem Leberwurstbrot und dem lauwarmen Kakao auf dem sich eine Haut gebildet hat.
Fast unbewusst greift sich Enno zwischen die Beine, wenn er die zusammengezogene Milch mit einem kleinen Löffel von der Flüssigkeit trennt.
Sie hatte nicht mitbekommen, dass er bereits 13 war, seine Vorlieben und sein Körper sich verändert haben. Für sie wird er wohl noch immer der Junge sein, der, wenn er schlecht geträumt hat, ins Bett gemacht hat und sich damit rausredet, er hätte diese Nacht so sehr geschwitzt. Sie wusste nicht, dass er an manchen Tagen keine Farben sehen konnte und der einzige Freund nachts, sein noch lebender Teil zwischen den Beinen war.
Er wusste, auch sie war einsam und daher wollte er sie nicht auch noch enttäuschen.
Mit geschlossenen Augen biss er in das Brot, über dessen Rand niemals Wurst ragte und schluckte das Stück ohne zu kauen mit einem großen Schluck Kakao hinunter.
Auf dem Jungsklo
Reno: Wollen wir Unterhosen tauschen? – Hätte gerne den Geruch von deinem an meinem.
Enno: Ich bin nicht schwul.
Reno: Woher willst du das denn wissen, außer dir selbst hats ja wohl noch keiner mit dir getrieben.
Enno: Warum fragst du mich? – Piet hat bestimmt ne Hose von Boss und lässt auch noch ein bisschen was zum lecken drin.
Reno: Deiner gefällt mir besser. – Laß mich mal riechen, ich bin Experte.
Enno: Fass mich bloß nicht an, sonst hau ich Dir eins in die Eier, dann kannst du die Zelte deiner Oma nehmen.
Reno: Bleib geschmeidig Kleiner. – Ich bin auch nicht schwul, aber zum spielen hätt ich trotzdem Lust. – Ruf mich an.
Enno hatte gehofft, sie würde sich ändern. – Jetzt waren sie schon mehr als ein Jahr von ihm weg und sie saß immer noch bis morgens um drei vor dem Fernseher, in ihre Polardecke gehüllt und schlief. Dabei sah ihr Körper fast aus, als hätte sie Magenschmerzen.
Wenn er unerwartet nach Hause kam, stand sie vor dem Fenster und sah nach draußen.
Am liebsten hätte er für sie geschrien, stattdessen machte er nur den Kühlschrank auf, nahm sich eine Cola und ging, Langeweile demonstrierend, auf sein Zimmer.
In diesen Momenten hasste er sie für ihre Schwäche. – Warum nahm sie ihn nicht wahr, er würde alles tun, nur um einmal von ihr gesehen zu werden.
Das Gespräch mit Reno hatte ihn vollends aus der Bahn geworfen. – Wenn er jetzt auch noch schwul wäre. Zusammengekrümmt lag er auf seinem Bett und versuchte dem Drang zu wiederstehen, wenn er jetzt stark sein kann dann würde alles gut werden, er durfte nur nicht schwach werden. Sie brauchte ihn, ob er wollte oder nicht.
18gradminus
Seine subjektive aus dem Fenster auf die Strasse.
Man hört das klicken der Ampel.
Sein Spiegelbild ist im geöffneten Fenster zu sehen,
als er aus dem Bild geht.
Im Bild – das leere Zimmer, das spärlich eingerichtet ist.
Eine Küchenzeile – 2 Betten – 1 Kommode
und ein geschmückter Weihnachtsbaum.
Zuerst hört man nur das Brummen des Kühlschranks
und das unablässige Klicken der Ampel.
Dann wird aus dem Nachbarraum das Geräusch einer Dusche vernehmbar.
Die Tür wird aufgeschlossen und sie betritt die Wohnung.
Sie stellt die mitgebrachte Plastiktüte neben den Kühlschrank.
Sie füllt Wasser in einen Wasserkocher und bereitet sich einen Beuteltee.
Mit der Teetasse und einer Zuckerdose setzt sie sich auf das Fensterbrett
und schaut auf die Strasse.
Sie leckt ihren Zeigefinger ab und taucht ihn in den Zucker.
Die Zeit wird immer langsamer und der Blick der Kamera immer genauer.
Die Kamera tastet den Raum ab.
Im Spülbecken ist ein Teller mit Essensresten, auf dem sich Fliegen paaren.
Die Kamera sucht nach Kleinigkeiten, Indizien.
Sie taucht den Teebeutel ins Wasser und zieht ihn vorsichtig wieder heraus.
Ihr Blick geht auf den Gehweg unterhalb des Fensters.
Man sieht einen großen Fleck.
Sie schaut durch das Fenster hindurch auf die Küche.
Noch immer brummt der Kühlschrank –
noch immer ist das Klicken der Ampel zu hören.
Sie geht aus dem Bild.
Im Off vernimmt man das Öffnen des Kühlschranks
und das Knacken beim Öffnen des Gefrierfachs.
Sie sitzt wie ein Kind vor dem geöffneten Eisschrank
und entwickelt – wie zu Weihnachten – das tote Embryo aus Staniolpapier.
Mit viel Ruhe holt sie aus ihrer Jackentasche ein paar Häkelsöckchen
und stülpt sie über die winzigen Füße.
Das Rauschen der Dusche hört auf
und Sie wickelt ihr Kind schnell aber behutsam wieder ein,
schließt das Gefrierfach und den Kühlschrank.
Sie geht zum Fensterbrett – nimmt ihren erkalteten Tee.
Es dämmert.
Aus dem Kiosk an der Ecke ist der singende Weihnachtsroboter zu hören.
Sie schließt das Fenster und setzt sich aufs Bett.
Er kommt herein – schaltet den Christbaum ein
und geht ohne ein Wort zum Kühlschrank – nimmt sich ein Bier,
öffnet es und setzt sich auf die andere Seite des Betts.
Red Suite in case
Red Suite in case
Falling down under my feet
Solution
Preparing eternity
You falling case
You falling case
You falling case
Red
The burning rose of distruction
Night knive soldier is killing
My lonleyness
Give me your hand refuging
The burning rose of distruction
For ever
For ever
For ever
It might be my last cry
Cheers befor I die
It might be my last cry
Cheers before I die
For ever
Sprache ein Land indem ein jeder einsam ist
Sprache ein Land indem ein jeder einsam ist
Zu viele Zeichen sind Pfeile ohne Ziel
Sie treffen dennoch
Man forscht man glaubt verstand versagt
Lange brauchts vom Mund zum Ohr
Ins Herz
Schweigen ungesprochne Gesten
Wie schön dein Blick – soviel
genügt
